
Lynn Anderson mit 67 Jahren gestorben
Lynn Anderson - The „Rose Garden Girl“
Text & Fotos: Jürgen Jakszentis
Viele Songs sind unweigerlich mit dem Namen des Interpreten verbunden. Ob es nun Dave Dudleys “Six Days On The Road” ist, “A Tompstone Every Mile” und Dick Curless oder “Oh Lonesome Me” von Don Gibson. Bei „Rose Garden“ fällt einen sofort der Name Lynn Anderson ein. Dieser Song wurde zu Lynns Markenzeichen. Ein Nummer-1-Hit, der sich 1970 für 20 Wochen in den Billboard Country Charts hielt und die Interpretin weltberühmt machte. Sogar das Teenager Magazin BRAVO berichtete damals über Lynn Anderson.
Ein Welthit kann ein Segen und ein Fluch zugleich sein. Wurde die Künstlerin doch über Jahre auf dieses eine Lied reduziert, weigerte sie sich lange Zeit, „Rose Garden“ zu interpretieren. Inzwischen hat sie Frieden mit dem Song geschlossen und eingesehen, wie viel sie diesem Erfolgslied zu verdanken hat. Immerhin brachte er ihr einen Grammy und Gold ein.
Angefangen hat alles in Grand Forks, North Dakota, wo Lynn am 26. September 1947 zur Welt kam. Ihre Familie war sehr musikalisch. Die Mutter Liz war Liederschreiberin und konnte so manchen Hit verbuchen. Zum Beispiel verfasste sie „(My Friends Are Gonna Be) Strangers“, den Merle Haggard 1965 zum Hit machte. Bald zog die Familie nach Fair Oaks, Kalifornien. Schon im zarten Alter von 6 Jahren erwachte das Interesse fürs Singen in der kleinen Lynn. Ihre andere große Leidenschaft waren die Pferde. Machte sie doch bei unzähligen Reiterwettbewerben in ganz Kalifornien mit und gewann mit ihrem Quarterhorse Top Mark viele Preise. 1966 wurde sie zur „California State Horse Show Queen“ und „Miss Sacramento Horseman´s Association” gekürt. Ihre Liebe zu Pferden hielt ihr Leben lang an.
1965 arbeitete sie als Sekretärin für die Radiostation KROY in Sacramento, Kalifornien. Wegen des durchschlagenden Erfolges von „(My Friends Are Gonna Be) Strangers“ wurde es notwendig, dass die Familie nach Nashville umzog. Winkte doch dort ein Plattenvertrag für ihre Mutter Liz bei RCA Records. Dort traf sich Liz, begleitet von ihrer Tochter, mit Freddie Hart und Merle Haggard in einem Hotelraum. Es wurde ein bisschen gesungen und das Talent von Lynn blieb nicht unentdeckt. Anwesend war auch Slim Williamson, Eigner der kleinen Plattenfirma Chart Records. Er vertraute auf Lynns Talent und nahm sie unter Vertrag. Die erste Single, erschienen 1966, war ein Duett mit Jerry Lane und trug den Titel "For Better Or For Worse". In den Country Charts tauchte der Song nicht auf. Das sollte sich erst mit „Ride Ride Ride“ ändern. Das Lied schaffte es unter die Top 40 der Hitparade. Folgerichtig wurde auch ihre erste Langrille nach diesem Song benannt. Die Langspielplatte mit dem Titel „Ride Ride Ride“ erschien 1967. Auf dem Cover ist sie u. a. mit ihrem Pferd zu sehen. Steelguitar Legende Lloyd Green verfasste die Linernotes und sagte ihr eine große und lang anhaltende Karriere in der Country Music voraus. Er sollte Recht behalten. Diverse Hits folgen. „If I Kiss You“ schaffte es bis auf Platz 5 der Hitparade. „Promises Promises“ sogar auf Platz 4. 1969 wurde ihr Song „That´s A No No“ auf Platz 2 der Billboard Country Charts notiert.
Auch im Fernsehen war sie aktiv. Sie trat regelmäßig in der populären „Lawrence Welk TV Show“ auf. 1977 bekam sie eine Rolle in einer Folge der Serie „Starsky und Hutch“, die auch erfolgreich in Deutschland ausgestrahlt wurde. Sie spielte eine bedrohte Country Sängerin. In der Folge wurde ihr Song „Wrap Your Love All Around Your Man“ promotet.
1969 heiratete sie den Liederschreiber und Plattenproduzent Glenn Sutton. Er sollte viele ihrer Alben während der Zeit bei Columbia Records produzieren.
Lynn Anderson wurde zur erfolgreichsten Sängerin bei Chart Records. Da blieb es nicht aus, sich nach einer größeren Firma, die mehr Möglichkeiten bot, umzusehen. Da ihre Mutter Liz bei RCA unter Vertrag stand, war es schon fast sicher, dass sie zu diesem Label wechselt. Letztendlich entschied sie sich für Columbia Records. Dort konnte sie mit ihrem Ehemann Glenn Sutton eng zusammenarbeiten.
Nachdem sie 1970 zu Columbia gewechselt hatte, wurde „Rose Garden“ veröffentlicht. Sie musste ihren Ehemann und Produzenten Glenn Sutton überreden, diesen Song aufnehmen zu dürfen. War er doch der Meinung, mit der Liederzeile „"I could promise you things like big diamond rings" ist das Lied eher für einen Mann geeignet. Wie wir wissen, wurde der Song ein Welterfolg und ist auf ewig mit dem Namen Lynn Anderson verbunden. In Großbritannien schaffte es der Song bis auf Platz 2. In der Bundesrepublik Deutschland sogar auf Platz 1. Das gleichnamige Album „Rose Garden“ erschien 1971 und wurde mit Platin ausgezeichnet. Die „Academy of Country Music” wählte sie zur "Top Female Vocalist" und die “Country Music Association” ernannte sie zum "Female Vocalist of the Year". Außerdem wurde der Song mit einem Grammy ausgezeichnet.
Im Folgejahr 1971 schafften es zwei ihrer Songs auf Platz 1 der Country Hitparade: “You´re My Man“ und „How Can I Unlove You“. 1973 hatte sie einen vierten Nummer 1 Hit: „Keep Me In Mind“. 1974 folgte ihre fünfte Nummer 1: „What A Man My Man Is“. Im gleichem Jahr gewann sie den "Favorite Female Country Artist Award“. Mit einem durch breit angelegten Geigenklang weichgespülten Countrysound erreichte sie viele Crossover Hits. In diversen TV-Specials war sie zu Gast. Dreimal bei Bob Hope, bei Dean Martin und 1977 in ihrem eigenen Special mit Stargast Tina Turner.
Lynn Andersons Plattenerfolge neigten sich im auslaufenden Jahrzehnt langsam dem Ende zu. Ihr letztes Album für Columbia Records trug den Titel „Even Cowgirls Get The Blues“ und wurde 1980 der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach 3 Jahren Pause ging sie wieder ins Aufnahmestudio. 1983 kam ein Duett mit Garry Morris „You´re Welcome To Tonight“ heraus. Darauf folgte das Album mit dem passenden Titel “Back” auf Permian Records. 1986 nahm sie mit Ed Bruce den Song „Fools For Each Other“ auf. Es erschien auf dem Bruce-Album „Night Things“. 1988 folgte das Album „What She Does Best“ auf Mercury. An ihre großen Erfolge der 70er Jahre konnte sie allerdings nicht mehr anknüpfen. 1992 nahm sie das schöne Album „Cowboy´s Sweetheart“ für Laserlight auf. Mitwirkende bei dem Album wahren Emmylou Harris und Marty Stuart. Es sollte das letzte Album in diesem Jahrzehnt sein. Zur gleichen Zeit benannte die „American Rose Society“ eine Rose nach ihr. 1999 wurde sie in die „North American Country Music Association's International Hall of Fame“ aufgenommen. Im Jahr 2000 machte der Gouverneur von Tennessee, Don Sundquist, den 15. Juni zum Lynn Anderson Day. Anderson produzierte ein TV-Special mit dem Titel "American Country Cowboys“, das Geld für behinderte Menschen sammelte. Im gleichem Jahr wurde ihre CD „Live At Billy Bob´s“ veröffentlicht.
2004 nahm sie nach 12 Jahren wieder ein Studioalbum auf. „The Bluegrass Session“ beinhaltet ihre alten Hits aus den 60er und 70er Jahren im Bluegrass Sound. Dieses Album wurde für einen Grammy nominiert. Lynn ging weiterhin auf Tour. Leider machte sie auch Negativschlagzeilen. Sie wurde mehrere Male wegen Trunkenheit am Steuer und Ladendiebstahls von der Polizei festgenommen. Trotzdem ist und bleibt sie eine Künstlerin, die für ihre Fans da ist. So war sie im Jahr 2001 beim großen Country Music Festival des Scandinavian Country Club in Silkeborg, Dänemark, zu Gast. Weit nach Mitternacht nahm sie sich Zeit, im Hotel einem Fan noch rund 50 Alben zu signieren. 2012 hatte sie beim CMA Music Festival in Nashville als einzige, neben Donna Fargo, einen eigenen Stand und begrüßte ihre Fans (siehe Foto). Gerade ist ihr Album "Bridges" erschienen. Dass es ihr Schwanengesang werden würde, ahnte wohl niemand. Wegen einer Lungenentzündung wurde sie ins Vanderbilt University Medical Center eingeliefert. Dort starb sie am Donnerstag, den 30. Juli an einem Herzinfarkt. Lynn Anderson wurde nur 67 Jahre alt.
Lynn Anderson auf Tonträger:
Chart Records:
Ride Ride Ride 1967
Promises Promises 1967
Big Girls Don´t Cry 1968
The Best Of Lynn Anderson 1968
With Love From Lynn 1969
At Home With Lynn 1969
Songs That Made Country Girls Famous 1969
Uptown Country Girl 1970
Songs My Mother Wrote 1970
I´m Alright 1970
Lynn Anderson 1971
Greatest Hits Vol. 1 1971
With Strings 1971
Pickwick:
Flower Of Love 1973
It Makes You Happy 1974
Harmony:
Singing My Song 1973
Columbia:
Stay There ´Till I Get There 1970
No Love At All 1970
Rose Garden 1970
The World Of Lynn Anderson 1971
You´re My Man 1971
How Can I Unlove You 1971
The Christmas Album 1971
Cry 1972
Listen To A Country Song 1972
Greatest Hits 1972
Keep Me In Mind 1973
Top Of The World 1973
Smile For Me 1974
What A Man My Man Is 1974
I´ve Never Loved Anyone More 1975
All The King´s Horses 1976
Greatest Hits Vol. 2 1976
Wrap Your Love All Around Your Man 1977
I Love What Love Is Doing To Me 1977
From The Inside 1978
Outlaw Is Just A State Of Mind 1979
Even Cowgirls Get The Blues 1980
Encore 1981
Permian Records:
Back 1983
Mercury:
What She Does Best 1988
Laserlight:
Cowboy´s Sweetheart 1992
Intersound:
Latest And Greatest 1998
Renaissance:
Anthology-The Columbia Years 1999
Anthology-The Chart Years 1999
Razor:
Live At Billy Bob´s 2000
Undefines:
Home For The Holydays 2002
DM:
The Bluegrass Session 2004
Ceopatra:
Live from The Rose Garden 2005
Showboat:
Cowgirls 2006
Cowgirls II 2009
Center Sound Productions:
Bridges

