CD-Box: Elvis Presley – From Elvis in Nashville

Gediegen, gediegen, kann man angesichts dieser großformatigen, doch trotzdem handlichen CD-Version bestätigen. Vier Silberlinge enthält diese Ausgabe, darauf eine umfangreiche Zahl an Musiktiteln, dazu ein sehr detailliertes Booklet – was will man eigentlich mehr? Der Titel der Box lehnt sich ganz offensichtlich an Elvis‘ damalige Super-LP „From Elvis in Memphis“ (RCA Victor LSP-4155) an, die genau ein Jahr auf dem Markt war, als die jetzt veröffentlichten Aufnahmesessions in der Music City durchgezogen wurden. Ein halbes Jahrhundert verging seitdem, daher hier ein kurzer Blick zurück auf das Musikgeschehen im Juni 1970 in den USA: während sich die bereits offiziell aufgelösten Beatles mit ihrem allerletzten Nummer-1-Hit „The Long and Winding Road“ mehr oder weniger verabschiedeten, startete „King“ Elvis Presley nochmals richtig durch. Das legendäre RCA Studio B in Nashville buchte man Anfang Juni für fünf Tage, und später noch für einen einzigen Tag im September des Jahres. Außer Elvis und seiner Begleitung erblickte man dann dort mehrere bekannte Instrumentalisten, die unter dem Namen „Nashville Cats“ firmierten. Charly McCoy gehörte dazu, der Bassist Norbert Putnam ebenso wie Gitarrist James Burton, und obendrein Pianist David Briggs und Schlagzeuger Jerry Carrigan. Allen war gemein, dass sie zu jener Zeit in der ersten Liga spielten, also ausschließlich Top-Stars zu ihren Kunden zählten. Beispielsweise hörte man McCoys Mundharmonika bei Willie Nelson, Putmans Bassgitarre würdigte u. a. Roy Orbison, und Briggs‘ unterstützte Johnny Cash sowie Dolly Parton am Klavier. Felton Jarvis als Produzent stand damals über allem.
Manche der fantastischen Resultate dieser auch als „Marathonsession“ bekannt gewordenen Aufnahmen kennen die meisten Elvis-Fans bereits aus den verschiedenen Vinyl-Veröffentlichungen der Jahre 1970 und 1971; Alben wie „That’s the Way It Is“ (RCA Victor LSP-4445), “Elvis Country” (LSP-4460) „Love Letters” (LSP-4530), sowie „Elvis Now“ (LSP-4671) enthielten einen Teil der hier eingespielten Songs. Der jetzige Vorteil besteht in der Gesamtheit aller Titel, und in der neu erfolgten Abmischung, welche im Vergleich zu den Vinyl-Ausgaben nun für ein wesentlich klareres Klangerlebnis sorgt. Die Auswahl der aufzunehmenden Songs wird Elvis zugeschrieben. Der „King“ legte den Schwerpunkt eindeutig auf Country Music und Bluegrass, und Titel wie beide Versionen von „A Hundred Years from Now“ oder alle drei Varianten der „Faded Love” zeigen diese Vorliebe überdeutlich. Zu sanfteren Tönen lauscht man bei den zwei Neuaufnahmen von „Love Letters“, welche Elvis ursprünglich mal bereits 1966 besang, sowie bei seinen Versionen von „Mary in the Morning“. Ordentlich aufs Tempo drückte der „King“ dagegen bei allen drei „Patch It Up“-Fassungen, und natürlich bei „Whole Lot-ta Shakin‘ Goin‘ On“. Aber auch diejenigen, welche besonderen Wert auf die damaligen
Erfolgssingles legen, finden sich hier bestens versorgt, denn die Aufnahmen von „I’ve Lost You“ oder „You Don’t Have to Say You Love Me“ oder „I Really Don’t Want to Know“ usw. stecken selbstverständlich ebenfalls in dieser Sammlung. Zählt man die drei „Jam“-Beiträge mit, kann man sich auf immerhin 74 klasse „Tracks“ von Elvis freuen. Hinzu kommt eine mit Booklet eigentlich nur unzulänglich beschriebene, 28seitige Beilage voller Fotos, sowie Abbildungen von Schallplatten und deren Covers, zum großen Teil in Farbe. Die gesamte Session wird darin geschildert, und alles mit Zitaten, allgemeinen Angaben, und den diskografischen Daten abgerundet. Nicht ganz so üppig sahnen diesmal die Vinylsammler ab. Zwar können sie zwischen zwei verschiedenfarbigen Doppelalben wählen, doch letztendlich müssen sie sich mit jeweils 22 Titeln begnügen. Davon lassen sich die beiden LPs in schwarzem Vinyl (Legacy 19439-75942-1) weltweit ordern, während es die limitierte Ausgabe mit je einer blauen und orangen Scheibe nur kurzzeitig und ausschließlich im Shop von www.graceland.com gab (Legacy 19439-77813-1).
Ulrich K. Baues