CD: Willie Nelson – That’s Life

Das Cover fällt natürlich sofort ins Auge, diese in Blautönen gehaltene Straßenszene an einer Laterne – so etwas sah man doch schon mal irgendwo, oder? Ja, ähnlich, nicht genauso, stellt man beim zweiten Blick fest – Frank Sinatras Original bot im Hintergrund eine moderne Hausfront, und er selbst schaute vom Betrachter aus gesehen, Zigarette rauchend, nach links. Willie Nelsons Version deutet im Hintergrund eine eher historische Kulisse mit Erkern an, und er schaut, Gitarre spielend, nach rechts. Beim Inhalt orientiert sich Willie noch weniger an das vermeintliche Vorbild, denn Sinatras Veröffentlichung „In the Wee Small Hours“ vom April 1955 umfasste sechzehn Titel, anfangs auf zwei 25cm Scheiben (10“) mit jeweils acht Titeln verteilt (Capitol H1-581 und H2-581), später als 30cm Vinyl-LP (12“) erschienen (Capitol W-581). Das in der Folge sogar mit einer Goldenen Schallplatte gewürdigte Album besetzte im Sommer 1955 kurzzeitig sogar den Spitzenplatz bei den damals von Billboard noch im zweiwöchentlichen Rhythmus ermittelten „Best Selling Popular Albums“. Willie Nelson hält sich dagegen zurück. Er bietet in seinem neuen Album „That’s Life“ insgesamt elf Aufnahmen, wovon lediglich Sinatras Titelsong, also „In the Wee Small Hours“, der damaligen Auswahl entlehnt wurde. Und bis auf „Learnin‘ the Blues“ stammen sämtliche weiter hier ausgewählten Songs von Frankies späteren Aufnahmesessions der fünfziger und sechziger Jahre. Bereits vor knapp drei Jahren veröffentlichte Willie ein Album mit seinen Interpretationen von Frankieboy-Titeln („My Way“, Legacy 19075-87050-2), welches trotz einer Grammy-Auszeichnung keinen Verkaufserfolg darstellte. Hier bei „That’s Life“ dürfte es vermutlich ähnlich laufen, obwohl Willie diesmal insgesamt etwas mehr Schwung hineinbringt. Mit der Feststellung „Nice Work If You Can Get It“ legt der Texaner einen relativ flotten Opener hin, und hält das Tempo bei „Just in Time“ bei. Beim Hinweis auf das „Cottage for Sale“ fällt er jedoch zurück in eher melancholische Sphären, und man wundert sich, dass ausgerechnet diese Ballade als Single gehandelt wird. Mit den als Standard zu betrachtenden Feststellungen „I’ve Got You Under My Skin“ sowie „You Make Me Feel So Young“ wechselt Willie zurück zum Swingtempo, bevor er in Begleitung der kanadischen Musikerin Diana Krall gesteht „I Won’t Dance“, ein völlig jazzig eingespielter Titel. Auch beim Titelsong „That’s Life“ und der bekannten Feststellung „Luck Be a Lady“ bleibt Willie konsequent meilenweit entfernt von irgendwelchen Ambitionen in Richtung Country Music. Richtig sentimental geht es nur in den „Wee Small Hours of the Morning“ zu, weil hier Willies markante Stimme sehr gut greift, und der Song daher auch im Country Radio laufen könnte. Bei den Schlusstiteln „Learnin‘ the Blues“ und der „Lonesome Road“ geht es dagegen tempomäßig wieder in Richtung Swing. Willie Nelson kann fraglos auch Songmaterial von Frank Sinatra rüberbringen, stellt man erneut fest, und seine Fans wird er hier sicher nicht enttäuschen. Wer allerdings den „Country Willie“ bevorzugt, dürfte dieses Album eher unzufrieden aufnehmen. Das Booklet enthält außer der Titelliste und den Produktionsdaten lediglich ein paar s/w-Abbildungen vorheriger Willie Nelson-Alben. Wie inzwischen üblich, denkt die Plattenfirma auch an die LP-Sammler, und offeriert ergänzend eine Ausgabe von „That’s Life“ in schwarzem Vinyl (Legacy 19439-83944-1). Und wer es noch etwas exklusiver mag: beim US-weit größten Buchhändler Barnes & Noble lässt sich sogar eine LP-Version in blau marmoriertem Vinyl (Legacy 19439-84425-1) erwerben.
Ulrich K. Baues
Künstler:
Willie Nelson
Album:
That’s Life
Plattenfirma:
Legacy (Sony Music)
Bestellnummer:
19439-83945-2