
CD - Statesboro Revue: Jukehouse Revival
Wenn man gerade erst vor zwei Jahren ein kleines Texas-Meisterwerk (Ramble On Privilege Creek) abgeliefert hat, dann ist es sicher keine einfache Aufgabe, einen würdigen Nachfolger zu produzieren. Natürlich hat man das den Musikern um Mastermind Stewart Mann zugetraut, aber diese grenzenlose Souveränität, die hier jeder einzelne Song vermittelt und die coole Leichtigkeit in der Art des Vortrags verblüffen schon enorm! Dabei liegt die Statesboro Revue in der internationalen Wahrnehmung noch nicht einmal auf den vorderen Plätzen im weiten Feld des amerikanischen Roots Rock; die Band wird seit einigen Jahren eher als Geheimtipp aufgerufen, wenn es darum geht, Beispiele für handgemachten, zeitlosen Southern Rock zwischen den Fundamenten Country und Blues innerhalb der Americana-Szene zu liefern. Das von vorne bis hinten bestens gelungene Jukehouse Revival wird dieses Image weiter pflegen, bietet darüber hinaus aber alle Voraussetzungen für den ganz großen Wurf!
Statesboro - bei diesem geschichtsträchtigen Namen denkt jeder gleich an den bekanntesten Song des legendären Bluesmusikers Blind Willie McTell: 'Statesboro Blues', vorzugsweise in der Version der Allman Brothers Band, eine Assoziation, die gar nicht so weit weg ist von der Musik der Statesboro Revue. Der Name ist das Brainchild von Singer/Songwriter Stewart Mann, einem hochtalentierten Typen aus Austin, der gerne zwischen Southern Roots'n Roll, Old School Rock, ländlich geprägtem Blues & Boogie, klassischem Country Rock und Americana alle Grenzen überschreitet. Er ist der dominante Mann hinter den Songs, den Texten, den Lead Vocals und dem zentralen Platz auf der Bühne. Different Kind Of Light hieß in 2009 das viel beachtete Blue Rose-Debüt, das in Quintettformation mit drei Gitarren, Bass und Schlagzeug sowie einigen bekannten Studiogästen wie Keyboarder Michael Ramos und Gitarrist Papa Mali eingespielt wurde. Unter Leitung von Topproduzent David Z (Storyville, Jonny Lang, BoDeans, Tab Benoit, Gov't Mule) gelang eines der nachhaltigeren Alben in Sachen Neo Southern Rock meets Texas Roots'n Roll um die Jahrzehntwende. Ramble On Privilege Creek - ebenfalls auf Blue Rose erschienen - führte diesen Kurs eindrucksvoll fort, bog aber das ein oder andere Mal ab zu deutlich wurzellastigeren Americana-Exkursionen. Stewart Mann hatte seine Leute dafür komplett ausgetauscht, erstmalig übernahm nun sein jüngerer Bruder Garrett als Co-Komponist und vorderster Guitar Slinger eine gewichtige Position. Etliche Gastmusiker halfen hier und da, fügten sich nahtlos in den selbst produzierten Bandsound mit professioneller ausgestalteten Arrangements ein.
Stärker als je zuvor setzen Stewart & Garrett Mann bei ihrem neuen Album auf die Karte Country Rock in all den vielen Schattierungen, die das Genre besonders in den Südstaaten seit vielen Dekaden zu bieten hat. Die härteren elektrischen Rocker, laute Blues'n Boogie-Nummern, auch Soul/R&B-orienterte Tracks wurden auf Jukehouse Revival nahezu vollständig eliminiert zugunsten einer locker groovenden, dynamisch pulsierenden, gerne auch twangigen und steel-schwelgenden, insgesamt sehr ländlich klingenden Southern Music, bei der 70er Country Rock, die hohe Kunst der Memphis & Muscle Shoals-Schule, Texas Roadhouse Honky Tonk und der Geist von Capricorn Records einträchtig miteinander verschmelzen und Sehnsüchte an alte (bessere?), zumindest friedlichere und freigeistigere Zeiten wecken.
Schon der verhalten vor sich hin schaukelnde Opener 'Bedroom Floor' verkörpert das alles perfekt! Typisch das rollende E-Piano, die schmerzhaft wimmernde Pedal Steel, die knarzig-trockenen Klänge der elektrischen Gitarre nach Art von Steve Cropper oder Eddie Hinton... 'Every Town' kommt als quirliger Country Rock mit knackigem Twang, flüssiger Orgeluntermalung und hard driving Beat, 'Undone' entwickelt sich nach einem feinen Banjo-Intro zum kapitalen Guitar Roots Rocker im Stil der Band Of Heathens. Das eingängige 'Tallahassee' lädt förmlich zum Two-Step ein, die rostige Fiddle und ein polterndes Piano vermitteln dazu schillerndes Bayou-Flair. 'Roll On Mama' wird vom treibenden E-Piano, Levon Helm-style Drumming und einer scharfkantigen Slide Guitar geprägt, Stewart Mann zieht hier alle Register seiner samt-herben Soulstimme. Die weitgehend akustisch arrangierte, mit einladendem Mitsingrefrain ausgestattete Ballade 'Count On Me' muss man öfter hören, um alle Finessen zu entdecken: den breiten Backing Vocal-Chor, die an- und abschwellende Orgel, das kluge Gitarrenpicking, eine versteckte Steel.
Riffstarken, rhythmisch vertrackten Southern Boogie/Country Rock in einer kongenialen Mischung aus Band Of Heathens, Little Feat, The Band und Marshall Tucker Band gibt's auf 'Like The Sound' - zwingende elektrische Gitarren, perlende Pianosoli und sogar noch eine Blues Harp am Ende krönen das ganze Spektakel! 'Honkytonkin' bietet genau das: rollenden Southern Honky Tonk mit Jam Band-Charakter, bei dem sich akustische und elektrische Gitarren inmitten eines gospelartigen Chors über Klavier und swingender Steel "duellieren". Leicht wehmütigen, hoch melodischen Country Rock der klassischen Art (also mit Dauer-Pedal Steel, vielstimmigen Harmony Vocals und einem furiosen Banjo-Workout im Finish!) erleben wir auf 'Satisfied', während uns danach die getragene Sehnsuchtsballade 'Go Down Slow' mit gleißender Pedal Steel, sauber gespielten akustischen Gitarren, deutlichen Basstupfern und einem grandiosen Slide Guitar-Finale direkt in den Sonnenuntergang entlässt. Eigentlich ein idealer Abschluss, aber dann kommt ja noch 'Last Ramble', eine geradezu herzerwärmende Mountain-Hymne à la The Band, mit Banjo, Gitarre, dominantem Akkordion und einem Stewart Mann, der so hingebungsvoll croont, als ob der Moonshine Whiskey schon eingeschenkt vor ihm steht.
Statesboro Revue bleibt eine personell flexible Band um die Brüder Mann im Zentrum plus Drummer Kris Schoen, der als einziger mit den beiden gemeinsam im Booklet abgebildet ist. Unbedingt zum Kern der Recording Sessions in Austin, die übrigens von dem dort allgegenwärtigen Soundmeister George Reiff (Band Of Heathens, Ray Wylie Hubbard, Lincoln Durham, Shinyribs) aufgenommen wurden, gehören aber auch Bassist Ben Bradshaw, Tastenmann Travis Bishop und Steeler/Slidegitarrist Geoff Queen (The Departed, Bruce Robison/Kelly Willis), die einen durchweg unverzichtbaren Job machen. In weiteren Rollen agieren die Geigerin Eleanor Whitmore (Mastersons, Steve Earle), sowie die beiden Co-Produzenten, besser bekannt als Mitglieder der Band Of Heathens: Gordy Quist (Guitar, Backing Vocals, auch mit zwei Co-Writer Credits) und Scott Davis (Gitarren, Akkordion, Banjo, Lap Steel, Percussion, Backing Vocals). In der Tat fällt der erstklassige, transparente Sound auf, unter dem sich einem die aufwändigen, intelligent ausgeklügelten Arrangements erst richtig erschließen. Man merkt in jeder Sekunde, dass hier absolute Meister ihres Fachs am Werk waren!
Quelle: Blue Rose Records

Künstler:
Statesboro Revue
Album:
Jukehouse Revival
Plattenfirma:
Blue Rose Records
Bestellnummer:
BLU 0660

