CD: The Beatles – Revolver (Deluxe Edition

Die Diskografien der Beatles über die sechziger Jahre decken die unterschiedlichen Veröffentlichungen für die USA und den Rest der Welt auf. Im Dezember 1965 erschien beispielsweise weltweit die Beatles-LP „Rubber Soul“ (Capitol ST-2442), jedoch in abweichenden Versionen. In den USA enthielt sie nur zwölf Aufnahmen, wogegen die britische Ausgabe mit vierzehn Titeln die Nase vorn hatte. Den US-Fans bot man dafür im Juni 1966 die hochwertige Gelegenheit zu einem Ausgleich in Form der einzig in Nordamerika präsentierten LP „Yesterday and Today“ (Capitol ST-2553) an. Genau genommen ging man in den USA damit sogar in Führung, denn hier gab es bereits mehrere der Titel, die in Großbritannien erst mit Erscheinen von „Revolver“ erhältlich waren. Die LP „Revolver“ (Capitol ST-2576) tauchte sowohl in den USA als auch in Europa in der gleichen Augustwoche 1966 in den Plattenläden auf. Großbritanniens Käufer erwarben diesmal erneut vierzehn Songs, wogegen die US-Fans nur elf Titel auf der LP geboten bekamen; aber die drei hier fehlenden Aufnahmen kannte man dort ja bereits seit Erscheinen von „Yesterday and Today“.
In den USA passte alles zusammen. Zeitgleich mit der LP erschien auch die Single „Yellow Submarine“ b/w „Eleanor Rigby“ (Capitol 5715), und ebenfalls gleichzeitig startete auch die dritte und letzte US-Tournee der Fab Four. In der Öffentlichkeit liefen auch noch Debatten über John Lennons Äußerung „die Beatles sind populärer als Jesus“. Die LP selbst erhielt durchwegs positive Kritiken, sogar George Harrisons Sitar-Einsatz bei „Love You To“ fand Anerkennung, und seitens der Fachpresse feierte man die Scheibe vorausschauend als „fantastic sales item“. „Revolver“ fand erstmals am 20. August 1966 eine Erwähnung in den Charts, als die Fachzeitschrift „Record World“ in ihren 100 Top LPs dessen Neueintritt auf Platz 62 dokumentierte. In der Woche darauf stand die Scheibe auf Rang 49, um dann wiederum eine Woche später acht Ausgaben lang die Spitzenposition einzunehmen. „Revolver“ enterte die Top 100 Albums des Fachmagazins “Cash Box” am 27. August 1966 auf Platz 10, und stand dort ab der folgenden Ausgabe ebenfalls für acht Wochen an der Spitze. Nur das Konkurrenzblatt „Billboard“ verzeichnete erst am 3. September auf Platz 45 den Eintritt von „Revolver“ unter seine Top LPs, und listete die Scheibe ab der Folgewoche für sechs Wochen auf dem Spitzenplatz. Auch im Rest der Welt gab es ausschließlich vordere Positionen in den jeweiligen Hitparaden, natürlich auch in (West-)Deutschland. Und „Yellow Submarine“, wie erwähnt die einzige Single aus dieser LP, führte am 10. September sowohl in „Cash Box“ als auch in „Record World“ jeweils eine Woche lang die Charts an. In den wohlbekannten Hot 100 Singles von „Billboard“ reichte es lediglich für Rang 2. Zur griffigen Melodie von „Submarine“ erschienen bald unzählige Aufnahmen in allen möglichen Sprachen, darunter Japanisch, Ungarisch, oder Finnisch, und Bill Ramsey versuchte sich dabei sogar auf Deutsch (Polydor 52725), allerdings nur mit geringem Erfolg.
Soweit also die Vorgeschichte zur jetzigen Veröffentlichung der Special Editions von „Revolver“. Die mit den heutigen technischen Möglichkeiten neu abgemischten Titel klingen natürlich unglaublich frisch und klar. Kaum vorstellbar, dass die Originalaufnahmen vor mehr als einem halben Jahrhundert entstanden. CD-1 der hier vorliegenden Deluxe Edition bietet alle vierzehn Songs der damaligen britischen Ausgabe, und zwar in neuen Stereo-Abmischungen. Die CD-2 enthält gar fünfzehn Takes, als Session Highlights deklariert. Dreizehn davon schafften es in finalen Aufnahmen auf CD-1. Einzig für „Good Day Sunshine“ fand sich kein passender Session Take. Dafür enthält CD-2 die ebenfalls neu in Stereo abgemischten Single-Titel „Paperback Writer“ b/w „Rain“ (Capitol 5651), ein weltweiter Nummer-1-Erfolg der Beatles im Frühjahr 1966. Ursprünglich hegte man die Erwartung, beide Songs mit auf der „Revolver“-LP zu finden; offiziell erschienen sie jedoch erst 1970 auf der LP „Hey Jude“ (Apple SW-385). Als Beigabe enthält diese Deluxe Edition noch ein 40seitiges Booklet, überwiegend in s/w illustriert, mit ausführlichen Schilderungen über die Aufnahmen, und allen Sessiondetails.
Natürlich gibt es auch bei dieser Aktion noch weitere Variationen der „Revolver“-Veröffentlichung. Wer also die reinen Album-Versionen bevorzugt, kann diese sowohl als Einzel-Vinyl-LP (Apple 4559969), als auch als Einzel-CD (Apple 4559968) erwerben. Die Sammler von Vinyl locken womöglich auch die Picture Disc (Apple 4559970), und die bei der US-Supermarktkette Target angebotene Vinyl-LP samt T-Shirt (Apple 4827847). Die Kronjuwelen dieser „Revolver“-Ausgaben tragen unbescheiden den Zusatz „Super Deluxe“ im Titel, und bestehen einmal aus 4 LPs plus einer Single (Apple 4559952), bzw. aus 5 CDs (Apple 4559941). Beiden gemeinsam ist nicht nur die mit 63 Tracks vergleichsweise üppige Anzahl an Songs bzw. Tracks, sondern auch ein 100seitiges Hardcover Buch, dessen Inhalt natürlich weit über das oben genannte Booklet hinausgeht. Allerdings bewegen sich die Preise für diese „Super Deluxe“-Ausgaben bereits im dreistelligen Dollar- und Euro-Bereich.
Ulrich K. Baues